X-Tron Aktuell - September-Dezember 2022
Deutsche Exporte durchwachsen
Die Ausfuhren in die Länder außerhalb der Europäischen Union sind nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Vergleich zum Vorjahresmonat um mehr als sechs Prozent gewachsen – eine gute Nachricht, auch wenn dies zum Teil auf die stark gestiegenen Außenhandelspreise zurückzuführen ist.
Wichtigster Kunde für die deutschen Exporteure blieben die Vereinigten Staaten. Dorthin wurden Waren im Wert von 12,4 Milliarden Euro exportiert – ein Plus von 16,1 Prozent im Vergleich zum Dezember 2021. Die Exporte nach Großbritannien legten mit etwas mehr als zwei Prozent auf 5 Milliarden Euro zu.
Das Geschäft mit China, das lange unter den erst kürzlich beendeten strikten Coronabeschränkungen dort litt, sank binnen Jahresfrist um 0,6 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro. Die deutschen Lieferungen nach Russland brachen infolge des Kriegs in der Ukraine und der westlichen Sanktionen erneut ein. Auf Jahressicht ist das das Land damit von Rang 5 auf Rang 14 der wichtigsten deutschen Exportmärkte außerhalb der EU gefallen.
Die meisten Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland rechnen für 2023 immerhin mit einem Exportwachstum. Allerdings wird es mit den beispielsweise von der Sparkassen-Finanzgruppe prognostizierten zwei Prozent verlangsamt ausfallen.
Handelsdefizit mit China vor neuem Höchstwert
Deutschlands wirtschaftliche Abhängigkeit von China wächst.
So war China 2022 nicht nur zum siebten Mal in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner. Einer Studie zufolge nehmen auch die Exporte dorthin ab, die Importe dagegen steigen zugleich deutlich an.
2022 dürfte das Handelsdefizit auf einen neuen Spitzenwert gestiegen sein. Das geht aus einer Studie der Außenwirtschaftsagentur des Bundes (GTAI) hervor. Demnach exportierte Deutschland einerseits nur 3,7 Prozent mehr nach China, die Einfuhren aus dem Reich der Mitte nahmen aber mit 37 Prozent rasant zu. „Damit steigt die Abhängigkeit von China“, hieß es.
Die Aussichten für den deutsch-chinesischen Handel bleiben demnach auch im neuen Jahr gemischt. Einerseits ist die Abkehr von der Null-Covid-Strategie ein gutes Signal für den Export. Andererseits bleibt die Stimmung unter den deutschen Unternehmen in China gedämpft.
Deutschland verkauft Energie zum Spottpreis ins Ausland
Während in Deutschland letztes Jahr sogar über Blackouts gesprochen wurde und der Strompreis aufgrund der Engpässe durch die Decke ging, verkaufte Deutschland Strom ins Ausland – und das zu Spottpreisen.
2022 ging mit 62 Terawattstunden (TWh) knapp 9% mehr Strom ins Ausland als 2021. 12,5 Milliarden Euro wurden damit umgesetzt. Noch bemerkenswerter ist aber, dass dieser verkaufte Strom eben erheblich günstiger war, als der eingekaufte. So geht Export-Strom für 20 Cent pro Kilowattstunde ins Ausland, der Marktpreis für Import-Strom lag hingegen bei 27 Cent.
Grund ist fehlende Infrastruktur: Zu wenig Speichermöglichkeiten, zu wenige Leitungen für den Strom-Transport vom windreichen Norden Deutschlands in den Süden. So bleibt wohl nur die Option, den Strom zu verscherbeln.
Zweithöchste Waffenausfuhren aller Zeiten
Der Plan der Bundesregierung war, Rüstungsexporte zu senken. Die Waffenausfuhr erreicht 2022 jedoch einen Rekordwert. Auch ohne Ukraine-Krieg ist der Export enorm.
Die Bundesregierung hat letztes Jahr Rüstungsexporte für mindestens 8,35 Milliarden Euro genehmigt. Das ist bereits jetzt der zweithöchste Wert in der Geschichte der Bundesrepublik. Nur im vorletzten Jahr 2021 war die Zahl mit 9,35 Milliarden Euro noch höher.
Nur ein Viertel der vom 1. Januar bis 22. Dezember gelieferten Waffen und militärischen Ausrüstung ging dabei in die von Russland angegriffene Ukraine. Der hohe Gesamtwert der Ausfuhrerlaubnisse ist also nicht allein auf den Krieg zurückzuführen. Auch unabhängig davon wurden Exporte im Wert von mehr als sechs Milliarden Euro genehmigt. Zum Vergleich: In den 16 Regierungsjahren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde die 6-Milliarden-Marke nur fünf Mal überschritten.
Nimmt die Attraktivität des Standorts Deutschland ab?
Zu viel Bürokratie, hohe Steuerlast, sinkende Innovationsbereitschaft, Arbeitskräftemangel: Laut ZEW, Handelsblatt und DIHK nimmt Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit weiter ab.
Deutschland verliert nach einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Wettbewerb mit 20 anderen führenden Wirtschaftsnationen weiter an Wettbewerbsfähigkeit. Im neuen „Länderindex Familienunternehmen“ belegt die Bundesrepublik den 18. Platz unter 21 Ländern. Im Jahr 2020 hatte Deutschland noch auf dem 14. Rang gelegen.
Spitzenreiter des Rankings sind die USA, hinter Deutschland liegen nur noch Ungarn, Spanien und Italien. Deutschland könne mit Spitzenstandorten kaum noch mithalten, heißt es. „Während andere Staaten in Infrastruktur investieren oder ihr Steuersystem reformieren, kommt Deutschland nicht voran. Der einzige klare Aktivposten ist die vergleichsweise geringe Verschuldung des Staates und der privaten Haushalte.“ Doch auch hier sei die Bundesrepublik „ausgehend von einer guten Position nun ins Mittelfeld zurückgefallen“, erklärten die Experten.
Die gegenwärtige Krise sollte auch als Chance zur Umkehr begriffen werden. Das ZEW sieht Reformbedarf in Deutschland vor allem bei Steuerlast und Bürokratie. Großen Verbesserungsbedarf bescheinigt es aber auch dem Bildungswesen. „Seit dem ersten Länderindex 2006 lag Deutschland noch nie in der Spitzengruppe, aber anfänglich zumindest noch im Mittelfeld.
Spitzenreiter USA hingegen zeige herausragende Ergebnisse bei den Standortfaktoren Energie und Regulierung, so die Studie. Doch Preis- und Lohndruck verbunden mit der Dollar-Aufwertung mindere die Attraktivität des Standorts.
Auch das Handelsblatt kommt zu ähnlichen Schlüssen: So sei die Verkehrsinfrastruktur beispielsweise „fast marode“ und auch die hohen Energiekosten seien ein riesiges Problem. Deutschland müsse alle heimischen Möglichkeiten der Energieerzeugung nutzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In den USA koste Gas derzeit gerade einmal ein Fünftel dessen, was Unternehmen hierzulande zahlen müssen.
Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht, dass Deutschland Stück für Stück seine bewährten Standortvorteile verliere. Die aktuellen Krisen wirkten nun „wie ein Brennglas“. Der DIHK fordert die Politik deshalb nun mit einem Zehn-Punkte-Programm auf, den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder attraktiver zu machen.
Eine Untersuchung der bundeseigenen Wirtschaftsfördergesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) war zuletzt jedoch auch zu weniger pessimistischen Einschätzungen Deutschlands gekommen. Grund war, dass der befürchtete Einbruch ausländischer Investitionen in Deutschland 2022 ausblieb und stattdessen sogar um sieben Prozent zunahm.
Türkische Wirtschaft auf Rekordkurs: Exporte um 12,9 Prozent gestiegen
Der türkische Export ist 2022 um über zwölf Prozent gestiegen. Mit 254,2 Milliarden Dollar war er so hoch wie nie zuvor in der Geschichte des Landes am Bosporus. Dieser Höhenflug soll aber erst der Anfang sein. Das ausgerufene Ziel ist, das Land auf ein modernes Niveau zu bringen. Die Türkei habe ihren Horizont von der Region auf die globale Dimension erweitert, hieß es weiter in einer Ansprache Erdogans vor der türkischen Exportversammlung.
Großbritannien verfehlt wegen Brexit Exportziele
Großbritannien wird einem Medienbericht zufolge seine Exportziele deutlich verfehlen. „Externe Schocks“ seien für die schwachen Zahlen verantwortlich, hieß es.
Einem Bericht des „Guardian“ zufolge werde der Wert von Ausfuhren aus dem Vereinigten Königreich frühestens 2035 eine Billion Pfund (1,14 Billionen Euro) betragen. Hintergrund ist, dass Ex-Premierminister Boris Johnson 2021 angekündigt hatte, dieses Ziel schon 2030 zu erreichen. Ursprünglich hatte der frühere Regierungschef David Cameron 2012 sogar schon 2020 als Datum versprochen – das war aber lange vor dem Brexit-Referendum.
Die britische Regierung machte „externe Schocks“ wie sinkende globale Nachfrage, schwankende Wechselkurse und die hohe Inflation für die schwachen Zahlen verantwortlich. Den Brexit erwähnte sie nicht – im Gegensatz zu Wirtschaftsvertretern. Nach Angaben der Vereinigung Federation of Small Businesses hat zum Beispiel einer von acht Exporteuren wegen des Brexits zeitweise oder endgültig seine Verkäufe in die EU eingestellt und ein weiteres Zehntel erwägt dies.
Bisher ist es Großbritannien nicht gelungen, im großem Stil die von Brexit-Anhängern versprochenen, vorteilhafteren Handelsabkommen zu schließen. Die bisher neu verhandelten Verträge etwa mit Australien oder Neuseeland wiegen die schweren Einbußen im Außenhandel mit der EU nicht annähernd auf. Das erhoffte Freihandelsabkommen mit den USA ist in weiter Ferne.
Wie entwickelt sich die russiche Wirtschaft 2023 und was könnten die Folgen des Ölpreisdeckels für die EU sein?
Insgesamt hat sich die russische Wirtschaft 2022 robuster gezeigt als vom Westen erhofft: Die russische Zentralbank geht in ihrer Prognose für das Gesamtjahr lediglich von einem BIP-Rückgang von drei bis dreieinhalb Prozent aus. Vor dem Hintergrund, dass vor dem Ukraine-Krieg ein starkes Wachstum erwartet wurde, ist dieser Rückgang aber nicht unerheblich.
2023 könnte noch ein düstereres Jahr für die russische Wirtschaft werden: Ein Hauptinstrument westlicher Sanktionen – der von der EU Ende letzten Jahres eingeführte Ölpreisdeckel von 60 Dollar – dürfte seine Auswirkungen nämlich erst in diesem Jahr richtig zeigen. „2023 wird ein deutlich schlechteres Jahr für die russischen Rohstoffexporte werden als 2022″, erklärt die Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik. Die neuen Sanktionen stellten „große Hindernisse“ für den russischen Export dar: „Russland muss sein Öl zu hohen Rabatten in den Markt drücken.“
Andererseits ist noch unklar, wie sich Russland gegen den Ölpreisdeckel wehrt und ob dieser wirklich funktionieren wird. Die russische Regierung hat bereits Gegenmaßnahmen angekündigt. So kauft Russland zum Beispiel massiv alte Öltanker auf, um den Rohstoff selbst zu verschiffen.
Aber Europas Öl-Sanktionen sind auch so Neuland und nicht ohne Risiko. Sollte Russland weiterhin viel Diesel exportieren, würden die globalen Handelsströme einfach neu geordnet werden. Es gäbe dann immer noch etwa dieselbe Menge an russischem Kraftstoff in der Welt, nur würde er an andere Orte geliefert werden.
Sollte Russland jedoch nicht genügend Abnehmer finden und seine Produktion drosseln, könnte dies das weltweite Öl-Angebot schmälern und die Preise steigen lassen. Machen europäische Abnehmer dann keine bezahlbaren Alternativen aus, kann es zu Versorgungsengpässen in wichtigen Sektoren wie der Landwirtschaft und dem Güterverkehr kommen. Schließlich war Russland mit einem Anteil von 29 Prozent an den gesamten Dieselimporten im vergangenen Jahr der größte Lieferant der EU.
Und selbst wenn Alternativen ausgemacht werden, kann Russland mitverdienen. So hat Kasachstan angekündigt, im ersten Quartal 300.000 Tonnen Öl an Deutschland zu liefern. Dabei wird Russland kräftig mit Transitgebühren entlohnt, weil das „schwarze Gold“ durch Tausende Kilometer Öl-Pipelines des russischen Staatskonzerns Transneft geleitet wird.
Zu guter Letzt könnten einige Länder einen Gewinn damit erzielen, imdem sie russischen Diesel zu gedeckelten Preisen kaufen, um ihren Inlandsbedarf zu decken, und dafür den Kraftstoff aus ihren eigenen Raffinerien zu einem viel höheren Preis an EU-Staaten verkaufen.
Mögliche De-Dollarisierung im arabischen Außenhandel
In den letzten letzten Wochen gab es mehrere Anzeichen, dass sich arabische Länder und deren Handelspartner womöglich unabhängiger vom Dollar machen wollen.
So hat der saudische Finanzminister in Davos klargestellt, dass Riad „den Handel mit anderen Währungen als dem US-Dollar in Betracht ziehen wird“ und der Handelsminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), gegenüber Bloomberg angekündigt, dass er mit einigen seiner größten Handelspartner über Möglichkeiten zur Ankurbelung des Nicht-Dollar-Handels sprechen wird. Die VAE und Indien erörtern Möglichkeiten, den Handel in Rupien anzukurbeln, da das Golfland die Beziehungen zu seinem zweitgrößten Handelspartner stärken will. Aber auch Krypto könnte in Zukunft eine wichtige Rolle für den Handel der VAE spielen. „Die VAE haben sich bemüht, die größten Unternehmen der Welt mit ihrer kryptofreundlichen Politik zu locken – mit dem Ziel, gemeinsam das benötigte Governance- und Rechtssystem aufbauen.“
Interessant ist, dass dieser zentrale Aspekt einer neuen multipolare Weltordnung nun nicht von den Staatsoberhäuptern der G7, sondern den der aufstrebenden BRICS-Staaten geprägt werden könnte.
Wußten Sie schon, daß …
- … wir seit Kurzem wie bereits angekündigt automatisch Informationen zu Projektausschreibungen (Tender Notices) in Emerging Markets an Exporteure verschicken? Indem wir diese aufgrund ihrer Eckdaten vorselektieren und nach Subsektoren wie beispielsweise Erneuerbaren Energien oder Maschinenbau sortieren, erhalten Exporteure nur die für sie interessanten Tender – und das völlig kostenlos. Wenn Sie zukünftig auch relevante Tender Notices erhalten möchten, antworten Sie gerne mit einem kurzen Hinweis zu Ihrem Themengebiet auf diese E-Mail.
- … auf unserer Webseite neuerdings einen News Feed mit täglichen neuen Informationen zum Außenhandel anbieten?